Eine Serie über den Aufbau und die häufigsten Erkrankungen und Störungen
3. Teil altersabhängige Makuladegeneration (AMD)
In diesem Artikel behandeln wir eine der häufigsten auftretenden Netzhauterkrankungen in Deutschland – die altersabhängige (altersassoziierte) Makuladegeneration (kurz AMD). Sie ist, wie der Name schon erahnen lässt, eine Erkrankung der Makula. Die Makula ist in der Bevölkerung auch als gelber Fleck bekannt und ist nur wenige Millimeter groß, aber von sehr entscheidender Bedeutung. Die Makula befindet sich in etwa der Mitte der menschlichen Netzhaut (Retina). Dieser Bereich hat einen wesentlichen Anteil an der menschlichen Sehleistung. Zum Beispiel wird die Makula für folgende Aufgaben benötigt:
- Lesen
- Schreiben
- Gesichter und/oder Gesichtszüge erfassen
- kleinste Details (z. B. Staub) erkennen
- Farben sehen und unterscheiden können
Das Zentrum der Makula wird als Fovea bezeichnet und ist der schärfste Punkt des Sehens, weil sich hier die meisten Photorezeptoren befinden. Vor allem die Zapfen genannten Rezeptoren mit einer Anzahl von ca. 6 Millionen Zellen sind dort zu finden. Diese sind vorwiegend für das Sehen bei Tageslicht und somit auch für das Farbensehen verantwortlich.
Die AMD kann ab dem 55. Lebensjahr auftreten und ist eine der häufigsten Ursachen für eine erhebliche Seheinschränkung bis hin zur Erblindung in den westlich geprägten Industrieländern. In Deutschland allein sind Studien zufolge etwa 7 ½ Millionen Menschen erkrankt (Gutenberg-Gesundheitsstudie Universitätsmedizin Mainz). Es ist mit einer Zunahme von Betroffenen zu rechnen, da hier die demographische Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland eine erhebliche Rolle spielt.
Die Erkrankung tritt zumeist auf beiden Augen auf und verläuft häufig sehr unterschiedlich. Es ist aber nicht so, dass beide Augen gleich stark betroffen sind, sondern sie befinden sich oftmals in verschiedenen Stadien. Es gibt drei Stadien der altersabhängigen Makuladegeneration:
- mittleres Stadium
- frühes Stadium
- spätes Stadium
Die meisten Betroffenen (ca. 7 Millionen Menschen) haben eine frühe Form der Augenerkrankung, nur bei einem geringen Teil – etwa 500.000 Patienten und Patientinnen – findet man das späte Stadium.
Im späten Stadium der altersabhängigen Makuladegeneration unterscheidet man 2 Formen der Erkrankung:
- feuchte Makuladegeneration
- trockene Makuladegeneration
Doch wie entsteht überhaupt eine AMD? In unserem gesamten Körper findet ein Stoffwechsel statt. So auch in der Netzhaut und folglich auch in der Makula. Hierbei entstehen Abbauprodukte, die vom darunterliegenden Pigmentepithel entsorgt wird. Mit fortschreitendem Lebensalter kann es hierbei zu Störungen kommen. Unter Umständen werden die Abbauprodukte unterhalb der Retina abgelagert. In der Folge entstehen daraus Drusen. Drusen sind kleine gelbliche Ansammlungen (Flecken). Diese Drusen können Reaktionen auslösen, die die Makula zunehmend schädigen.
Allerdings sind bei vielen Menschen Drusen auf der Netzhaut zu finden. Grund dafür sind ganz normale Alterserscheinungen. Erst wenn diese vermehrt auftreten oder eine erhebliche Zunahme der Drusengröße zu verzeichnen ist, rechnen Mediziner diese einer AMD zu. Sind viele davon vorhanden, steigt das Risiko, dass die Erkrankung voranschreitet und sich weitere Stadien/Formen entwickeln.

Somit kann das Vorhandensein von Drusen ein erhöhtes Risiko darstellen, an einer AMD zu erkranken. Die genauen Ursachen der altersabhängigen Makuladegeneration sind noch nicht eindeutig (endgültig) geklärt. Erbliche und Umweltfaktoren (z. B. Rauchen) können dazu beitragen, ob und wann bei einem Menschen die Erkrankung auftreten wird.
Woran merkt man, dass man an einer AMD erkrankt sein könnte? Erste (frühe) Symptome einer AMD sind:
- erhöhter Lichtbedarf bei Tage
- erhöhte Blendungsempfindlichkeit (z. B. in der Dunkelheit im Straßenverkehr)
- schwächere und blassere Erkennung von Farben
- verzerrtes oder gebogenes Sehen von geraden Linien/Gegenständen
- unscharfes Sehen in der Sichtfeldmitte
Die Symptome können jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt und individuell sein. Gelegentlich ist auch nur ein Auge betroffen.
Letztendlich kann eine gesicherte Diagnose nur durch eine Augenärztin/einen Augenarzt gestellt werden. Häufig kann der Arzt/die Ärztin Veränderungen der Netzhautmitte schon dann erkennen, wenn der Patient/die Patientin selbst noch nichts von Seheinschränkungen bemerkt. Deshalb ist die Diagnose AMD in einem frühen Stadium meistens ein Zufallsbefund. Eine frühzeitige Feststellung der altersabhängigen Makuladegeneration kann für den Verlauf der Erkrankung von großer Bedeutung sein.
Es gibt Sehtests zur Selbstanwendung, wenn man meint, dass hier ein Augenleiden vorliegen könnte. Der bekannteste solcher Tests ist das Amsler-Gitter. Solche Testmöglichkeiten sind einfach in der Handhabung, aber ersetzen nicht den Besuch bei einem Facharzt/einer Fachärztin für Augenheilkunde.


Bei einem Verdacht auf eine AMD untersucht ein Augenarzt/eine Augenärztin mit folgenden Methoden die Augen:
- Messung der Sehschärfe (Visus)
- Augenspiegelung (Funduskopie)
- Fluoreszenzangiographie (Darstellung der Netzhautgefäße mit einem Farbstoff)
- Optische Kohärenztomographie (OCT)
- Fundusfotografie der Retina
- Fundusautofluoreszenz (FAF)

Wenn die Diagnose AMD in einem frühen Stadium gesichert festgestellt wurde, handelt es sich oftmals um die trockene Form. Bei der feuchten Variante werden neue krankhafte Blutgefäße unterhalb der Netzhautmitte gebildet, die instabil und undicht sind. Das führt dazu, dass Flüssigkeit und Blut in die Makula durchsickern kann.
Die Evolution hat sich schon etwas dabei gedacht, einen solchen Mechanismus zu entwickeln. Eigentlich ist es sinnvoll, dass der Abtransport von Ablagerungsstoffen durch Bildung zusätzlicher Blutgefäße beschleunigt wird. Allerdings ist dieser biologische Prozess an der Stelle des schärfsten Sehens, der sehr winzig ist, eher kontraproduktiv. Während die trockene Form in vielen Fällen nur sehr langsam voranschreitet, wird bei der feuchten AMD durch die Einsickerung von Flüssigkeit in die Macula der Verlust des Sehvermögens beschleunigt.
Doch die Forschung hat in den letzten Jahren einige Therapien hervorgebracht, die vor allem eine Therapie der feuchten AMD ermöglichen. Welche Therapieform für die einzelne Patientin/den einzelnen Patienten in Frage kommt, wird i. d. R. nach einer sorgfältigen Untersuchung und einem ausführlichen Gespräch mit der behandelnden Augenärztin/dem behandelnden Augenarzt entschieden.
In aller erster Linie kommt bei der feuchten AMD die IVOM-Therapie zum Einsatz. Dabei bedeutet IVOM: Intavitreale operative Medikamentengabe. Der Botenstoff VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) hat sich dabei als wesentliche Ursache bei der Gefäßneubildung unterhalb der Netzhaut herausgestellt. Dementsprechend wurden Medikamente entwickelt, die diesen Wachstumsfaktor, der übrigens im gesamten menschlichen Körper zu finden ist, hemmen. Diese Wirkstoffe werden als Injektion in den Glaskörper des Auges unter sterilen Bedingungen verabreicht. Solche Medikamente führen dazu, dass es zu einer Abdichtung der erkrankten Blutgefäße und zu einer Rückbildung der Flüssigkeitsansammlung in der Netzhaut kommt. Ferner führt die IVOM-Therapie mit einem VEGF-Hemmer zu einer Rückbildung krankhaft neu gebildeter Gefäße.

Die Behandlung mit der IVOM-Therapie erfolgt nach 2 Schemen.
- PRN-Schema
PRN steht für den lateinischen Begriff „pro re nata“, d. h. „nach Bedarf“ oder „nach Lage der Dinge“. - Treat & Extend-Schema
Der englische Bezeichnung „treat and extend“ bedeutet „behandeln und ausdehnen“
Diese Schemata beschreiben die Intervalle, in den die IVOM-Therapie durchgeführt wird. Häufig erfolgt zu Beginn der Behandlung eine dreimalige, engmaschige Verabreichung des Medikamentes (Anm. d. Red. beides ist möglich).Je nach Ansprechen der Therapie kann das Intervall vergrößert oder sogar die IVOM-Therapie ganz ausgesetzt werden. Welches Schema angewandt wird, hängt vom angewendeten Wirkstoff, dem Verlauf, der Ausprägung der AMD und nicht zuletzt von der Patientin/dem Patienten ab.
Bei sehr engen Behandlungsintervallen mit der IVOM-Therapie kann es vorkommen, dass eine gewisse Therapiemüdigkeit beim Patienten einsetzt. Um dies zu vermeiden, können die Abstände vergrößert werden. Dies geschieht immer in Absprache mit der behandelnden Augenärztin/dem behandelnden Augenarzt.
Die intravitreale Injektionsbehandlung wird meistens ambulant durchgeführt. Nur in ganz seltenen Ausnahmen stationär. Regelmäßige Kontrollen sind auch nach einem vorläufigen Abschluß einer IVOM-Therapie sehr wichtig und unabdingbar. Bei einer zwischenzeitlichen Veränderung des Sehvermögens sollte sich die Patientin/der Patient umgehend zur Kontrolle in der Augenarztpraxis vorstellen.
Ganz neu ist eine IVOM-Therapie für die trockene Form der AMD. Hier wurde erst im Februar/März 2023 ein erstes Medikament in den USA von der FDA zugelassen. Für einen 2. Wirkstoff ist eine Zulassung beantragt. Auf eine Zulassung des Wirkstoffs Pegcetacoplan in Europa hoffte der Hersteller im Jahr 2024. Diese wurde, auch aufgrund von Nebenwirkungen, noch nicht erteilt. Doch die Aussichten wecken Hoffnungen bei Betroffenen.
Fazit: Die AMD ist behandelbar, aber nicht heilbar. Der Krankheitsverlauf kann in der Mehrzahl der Fälle verlangsamt bzw. bestenfalls sogar gestoppt werden. Der Prozentsatz der Fälle, in denen es zu starken Seheinschränkungen kommt, konnte durch die moderne Behandlung der AMD auf ungefähr die Hälfte reduziert werden. Leider merken betroffene Personen die AMD oft erst spät, wenn bereits irreversible Schäden an der Macula eingetreten sind. Leider kann nicht alles, bedingt durch ansteigende Patientenzahlen, Personalmangel etc., heutzutage mehr durch Praxen aufgefangen werden. Aus diesem Grunde ist es wichtig und sinnvoll, sich zu informieren, welche Hilfen es für Betroffene und deren Angehörige gibt. Dabei können Selbsthilfeorganisationen (Vereine, Selbsthilfegruppen) behilflich sein. Ebenso erinnern wir abschließend daran, dass das Rauchen ein eindeutiger Risikofaktor für das Entstehen und das Fortschreiten einer AMD ist.
Autorin: Gesine Fechner
Quellen: www.amd-netz.de/Internet
Geprüft: Herr Dr. med. Udo Hennighausen (Augenarzt im Ruhestand in Hamburg)
Bildquellen: AMD-Netz e. V., iStockphoto.com
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für Ihre Mithilfe/Mitarbeit zu diesem Artikel.